Schwächen stärken? Nö.

Stärken stärken

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Wir alle haben Stärken – und Schwächen. Schwächen sind die Dinge, die wir nicht so gut können, die wir nicht so gerne machen und die uns Energie rauben. Es wäre gut, sie möglichst selten anwenden zu müssen.

Unser „Fehler-Zoom“ achtet zu sehr auf das, was nicht gut läuft

Warum stellen wir unsere Schwächen so oft ins Zentrum unserer Aufmerksamkeit? Und warum erkennen wir unsere Stärken oft nur schwer oder gar nicht? Vielleicht haben Sie sich diese Fragen auch schon gestellt … Hier ein paar Gedanken dazu:

  • Unsere Stärken sind oft selbstverständlich für uns und daher nehmen wir sie nicht oder nur wenig wahr. Vielleicht denken Sie wie viele Menschen, dass sie gar keine besonderen Stärken oder Talente haben. Weil es für Sie normal ist, dass Ihnen manche Dinge ganz leicht von der Hand gehen. Das ist „ja nichts Besonderes“, denken Sie, oder: „Das kann doch jeder.“ Dem ist aber nicht so.
  • Oft haben wir auch deshalb unsere Schwächen so stark im Blick, weil wir von klein auf „Fehler“ ausgerichtet sind. So wird in der Schule das rot angestrichen, was falsch ist; und das, was wir gut machen, wird oft wenig beachtet. Daher sehen wir auch später zu sehr das, was nicht gut ist und was nicht funktioniert.
  • Schwächen und Probleme erscheinen uns oft auch wichtiger zu sein; dies ist auch evolutionsbiologisch bedingt. Der Tunnelblick, der dann entsteht, konzentriert sich darauf, das Problem zu lösen, und unser “Fehlerzoom” blendet das aus, was gut läuft.
  • Und dann denken wir leider immer noch zu oft: Im Verbessern unserer Schwächen liegt unser größtes Wachstumspotenzial. Wir werden auf viele Seminare geschickt, um unsere Schwächen weiterzuentwickeln. Das bringt aber meist nicht viel.

Schwächen-Entwicklung ist ein Mythos …

Wenn wir unsere Schwächen als Schwächen akzeptieren können, dann ist schon mal viel gewonnen. Denn anschließend können wir uns auf die Entwicklung unserer Stärken konzentrieren und viel Stress vermeiden.

„Jede Entwicklung, die ausschließlich auf Schwächen fokussiert ist, ist einfach falsch. Wir sollten uns nicht auf die Entwicklung von Schwächen konzentrieren; wir sollten uns darauf konzentrieren, sie zu minimieren.“, stellt Alex Linley in seinem Buch The Strengths Book fest (S. 71/72) Und weiter: „Der Glaube, dass die Entwicklung unserer Schwächen uns zu ´Star-Performern´ macht, ist einer der großen Mythen der Neuzeit, und es ist Zeit, dass dieser Mythos entlarvt wird.“

Schwächen minimieren, aber wie?

Um besser mit unseren Schwächen klar zu kommen, schlägt Linley u.a. vor (S. 72):

  • Versuchen Sie, wenn möglich, Ihre Aufgaben so verändern (auch als Job Crafting bezeichnet), dass Sie den Anteil reduzieren, bei dem Ihre Schwäche zum Einsatz kommt; idealerweise so weit, dass Sie die Schwäche gar nicht mehr nutzen müssen. Vielleicht macht ja der Kollege/die Kollegin genau das, was Sie nicht so gut können, sehr gerne und sehr gut … und Sie können ihn/sie im Gegenzug in einer seiner/ihrer Schwächen unterstützen.
  • Vielleicht können Sie ja eine Ihrer Stärken so nutzen, dass Ihre Schwäche einigermaßen ausgeglichen wird? So könnten Sie z.B. Ihre Stärke „Kreativität“ mit Ihrer Schwäche „Ausdauer“ verbinden, um Aufgaben tatsächlich (kreativ) zu Ende zu bringen.
  • Wenn gar nichts geht: Arbeiten Sie daran, mit Ihrer Schwäche leben zu können. „Erkennen und lernen Sie, dass Sie die Schwäche niemals wirklich gut oder energiebringend ausführen werden. Machen Sie sich stattdessen zum Ziel, so gut wie nötig zu sein – also ´gut genug´, so dass die Schwäche minimiert wird und Ihre allgemeine Leistung nicht runterzieht.“, führt Linley aus. Anders gesagt: sich Hilfe suchen (wie z.B. Unterstützung von Kollegen oder einen Kurs besuchen … ) und damit Ihre Schwäche soweit in den Griff bekommen, dass sie Ihnen nicht mehr schadet.

Und dann heißt es wieder: Stärken stärken. :-)

Herzliche Grüße
Ihre/Eure Gaby Regler